MUZIE

Als ich Muzie kennen lernte, war sie gerade mal ein-einhalb Jahre alt.  Ihr Besitzer rief mich eines Tages an und bat um meine Hilfe. Ich bin seit etwa 8 Jahren in einem internationalen Natur- und Tierschutzbund, kümmere mich auch um vernachlässigte oder misshandelte Haustiere, aber vor allem um die vielen wildlebenden oder ausgesetzten Katzen in meiner Umgebung. Viele Bewohner unseres Ortes bitten mich um Mithilfe, wenn eines ihrer Haustierchen erkrankt ist und nicht gleich ein Tierarzt zu erreichen ist. Ich versuche dann zu helfen, so gut ich nur kann.

Ich erfuhr also von Muzie`s Besitzer, dass sie immer schon ein kleines, kränkliches und anfälliges Kätzchen war. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst. Und genau das sollte mich erwarten. Muzie war in der Tat ein sehr zierliches, ja zerbrechliches und zartes Katzenmädchen, dessen junges Leben, als ich sie das erste mal sah, schon am seidenen Faden hing.

Sie verweigerte seit Tagen schon das Futter und hatte in der Zwischenzeit auch nicht mal mehr getrunken. Nun war guter Rat teuer. Ich informierte so schnell ich konnte meinen Haustierarzt und bat um sofortigen Hausbesuch. Muzie nahm ich erst mal mit zu mir nach Hause. Ihr Besitzer war damit einverstanden, denn ich konnte ihr bei mir zu Hause besser helfen, wenn ich sie dort pflegte.

Nun , es dauerte 2 Stunden, bis dann der Tierarzt endlich eintraf. Als er Muzie untersucht hatte, fragte er mich, ob ich mir zutraue, ihr alle 4 Stunden eine große Spritze mit Kochsalzlösung zu injizieren, sonst würde sie den nächsten Tag nicht überleben. Nur so hätte Muzie eine Chance, denn sie war durch die Verweigerung der Nahrung stark ausgetrocknet. Ich sagte zu und ließ mir Alles genau erklären.

Die nächsten Tage waren sehr anstrengend, aber so nach und nach ging es Muzie etwas besser, so dass sie auch wieder allein zum Futternapf laufen konnte und Nahrung aufnahm. Nach einer Woche hatte sich der Tierarzt wieder bei mir angemeldet. Ja, und bis dahin war aus dem unglücklichen Häufchen Elend ein sehr lustiges, putziges und total verspieltes Katzentierchen geworden, was man allerdings auch meinen Polstermöbeln und meinen ach so heiß geliebten Zimmerpflanzen ansah. Aber ich nahm das Alles in Kauf, wurde ich doch dafür mit langen Schmusestunden von ihr belohnt. Meine Hände übrigens auch. Sie waren Muzie`s liebste Spielgefährten, genauso wie ein paar kleinere Plüschtiere, die den einzigen Zweck erfüllten, meinen Händen etwas Ruhe und Pflege angedeihen zu lassen, schon der zahlreichen Kratzer wegen.

Mein Haustierarzt untersuchte also Muzie nach einer Woche erneut und erklärte mir, dass die Kleine momentan einen guten gesundheitlichen Eindruck mache, jedoch ... sie würde nicht mehr lange leben. Muzie hätte ein sehr schwaches Herz, eine kranke Leber und auch der Verdauungstrakt sei stark geschädigt! Ich konnte das nicht begreifen. Aber es war leider eine Tatsache! Für einen Moment dachte ich, ich müsse verzweifeln, denn ich hatte mich im Laufe der letzten Woche doch schon so sehr in dieses liebe kleine Tierchen verliebt. Ich fragte den Arzt, ob man denn da gar nichts machen könne. Er sagte mir jedoch, dass ich mich damit abfinden muss . Muzie wird sterben. Und das schon sehr bald. Warum gerade dieses kleine Wesen, warum nur! Ich war bereit, für diese Katze Alles zu tun.

...

Muzie lebte noch 6 Wochen bei mir. Ich habe noch nie ein so tapferes und mutiges Lebewesen kennen lernen dürfen. Bis zuletzt kämpfte sie einen schon verlorenen Kampf. Heute bin ich froh, dass ich Muzie die letzten Tage in ihrem jungen Leben begleiten konnte. Eine alte Indianersage berichtet, dass die Seelen der Katzen zur Venus fliegen. Die Venus ist der Morgen- und der Abendstern am Himmel, und sie leuchtet so hell, wie Katzenaugen bei Nacht! Wenn ich abends oder morgens zum Himmel hinauf schaue, leuchtet da ein heller Stern ...

... und ich denke an meine kleine Muzie! Ich werde sie niemals vergessen können, denn sie hat mich Eines gelehrt: Niemals aufgeben! Die Hoffnung stirbt als letztes! Ich will jeden Tag nutzen, ehe es zu spät ist! Muzie starb am 28.01.01, ich war bei ihr, bis zuletzt. 

Ich trage sie in meinem Herzen, als Pseudonym und als Nickname in den Chaträumen des Internets.